Eine kleine Weihnachtsgeschichte

Autorin: Jutta Böttcher

Kürzlich musste ich mich einem kleineren operativen Eingriff unterziehen. Er war keinesfalls dramatisch zu nennen. Verstopfte Tränenwege hatten mich über Monate die Welt nur durch einen Tränenschleier wahrnehmen lassen. Es war, als würde ich pausenlos weinen. Nun sollte ein neuer Abfluss für die Tränenflüssigkeit geschaffen werden.

Mir stand das Gefühl, mich der Bewusstlosigkeit der Narkose und dem Können fremder Menschen in der Behandlung meines Körpers ausliefern zu müssen, gewaltig bevor.

Meiner Sorgfalt mit mir selbst entsprechend, hatte ich mich gut vorbereitet. Ich hatte mich umfassend informiert und war mir sicher, keinen besseren Arzt als eben jenen Operateur für mein Problem finden zu können.

Und dennoch- jeder, der schon einmal in dieser Situation gewesen ist, weiß, wie unangenehm und beängstigend der Moment sein kann, in dem man darauf wartet, – schon im Krankenbett liegend- von den Schwestern abgeholt und in den OP gefahren zu werden.

So erging es auch mir. So begann ich zu beten, wie ich es schon seit Kindertagen gewohnt war, zu tun.

Zu meiner Überraschung ging wenige Minuten später die Tür auf und ein evangelischer Pfarrer stand im Raum. Er stellte sich kurz vor und sagte dann, dass er das Gefühl gehabt hätte, diese Tür unbedingt noch einmal öffnen zu müssen. Staunend und tief berührt bat ich ihn um den Gefallen, mich und die Ärzte, die den Eingriff durchführen würden, zu segnen.

Die Krankenschwestern, die mich in meinem Bett abholen sollten, standen schon am Fußende. Gemeinsam hielten wir inne. Es gab diese ganz besondere Stille, als er Gebet und Segen sprach. Beruhigt und mit dem Gefühl, geführt und behütet zu sein, konnte ich mich dem Geschehen nun anvertrauen.

Wenige Stunden später erwachte ich nach der gelungenen Operation. Auf meinem Nachttisch stand eine Karte mit dem Bild eines segnenden kleinen Bronze-Engels.

Ich sah ihn an und tief in mir entstand das vertraute Gefühl, Gott nicht denken zu können – und seiner Anwesenheit dennoch zutiefst sicher zu sein. Mein Herz wurde weit in tiefer Dankbarkeit. Warm und vertraut öffnete es sich der Berührung wie eine Blüte, die sich der Sonne entgegen streckt.

Wenige Tage später fuhr mein Mann mich nach Hause. Überall war es weihnachtlich geschmückt. Im Autoradio wurde eine adventliche Andacht übertragen.

„Stille Nacht, Heilige Nacht“ erklang es.

Während ich der Musik lauschte, dachte ich: „ Ja- wir Menschen brauchen eine Erfahrung, damit wir uns in unserem Dasein aufgehoben und sicher fühlen können. Jesu Geburt ist eine solche Erfahrung. Das unfassbare Wort Gottes ist in seiner Anwesenheit auf Erden sichtbar geworden. Es hat sich manifestiert. Die Illusion einer Trennung hebt sich in der Person Jesu auf. Wir können uns an ihn wenden- mehr noch, wir können in Beziehung zu ihm treten, wann immer wir uns in Angst und völligem Alleinsein glauben.“

Es war still geworden. Die Musik vorüber. Ich hörte nur das singende Geräusch der Reifen auf dem Asphalt- ein unspektakulärer Moment und doch konnte es weihnachtlicher in mir nicht sein. Weihnachten- „ geweihte Nächte“, in denen  wir dem Wunder begegnen und ihm wieder Glauben schenken können.

Ich blickte aus dem Fenster. Mein Auge tränte nicht mehr und ich bemerkte plötzlich, wieviel mehr mir diese Operation geschenkt hatte.

Mein genialer Operateur hatte dem Tränenfluss neue Wege gegeben, aber der Besuch des Pfarrers hatte mich auch daran erinnert, dass sich hinter dem Schmerz der Welt auch immer Hoffnung und Licht finden lässt.

Ich wünschen allen Lesern des Aurum Cordis Blogs ein gesegnetes und frohes Weihnachtsfest. Bleiben Sie gesund und schauen Sie nach vorne. Wir hören und sehen uns im kommenden Jahr 2020.

Autorin: Jutta Böttcher

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